Fahrradfahren ist „in“ und es gibt viele gute Gründe, weswegen sich das Radfahren in den letzten Jahren immer mehr zum Trendsport entwickelt hat: Radeln ist gut, um viele Krankheiten zu verhindern. Es hilft gegen Stress und fördert die Fähigkeit, sich zu entspannen. Nach einer Radtour schläft es sich besser und man hat möglicherweise ein oder zwei zusätzliche Kilos verloren. Beim Fahrradfahren wird das Gehirn durchblutet, es gelangt mehr Sauerstoff ins System und der Muskelaufbau wird verbessert. Kurzum, Radfahren ist gesund und trägt zum körperlichen Wohlbefinden bei.
Und nun stell` Dir bitte einmal vor, dass es Dir aus irgendwelchen Umständen heraus selbst nicht mehr möglich ist, einfach so mal auf Dein Bike aufzusteigen, eine Runde Fahrrad zu fahren, den Kopf frei zu bekommen und Corona für eine kurze Zeit zu vergessen. Vielleicht hat mit den Jahren Deine Balancefähigkeit gelitten und Du sorgst Dich darum, vom Rad zu stürzen. Vielleicht bist Du aber auch noch jung und, aufgrund einer chronischen Erkrankung oder einer sonstigen Beeinträchtigung, nicht in der Lage selbst in die Pedale zu treten.
Vor einigen Jahren stieß ich auf dem Videoportal YouTube auf einen Vortrag, der mich in Bann zog und gleichzeitig sehr berührte. Ein junger Däne erzählte von dem Tag, an dem er sich eine Fahrrad-Rikscha auslieh, zum nächstgelegenen Seniorenheim fuhr und dort schüchtern anfragte, ob jemand Interesse hätte, mit ihm einen Ausflug zu unternehmen. Tatsächlich fanden sich zwei Damen und die Begeisterung über die gemeinsame Spritztour war so groß, dass sich sofort weitere potentielle Fahrgäste für einen Ausflug mit ihm meldeten.
Der junge Mann, er hieß Ole Kassow, begann ehrenamtlich Spazierfahrten für ältere Herrschaften anzubieten. Dabei steuerte er Orte an wie z.B. Parks und Eisdielen, den Wochen- oder den Weihnachtsmarkt oder den alten Hafen von Kopenhagen. Während der Unternehmung unterhielt sich Ole Kassow mit seinen Fahrgästen, scherzte und lachte mit ihnen und hörte ihren Geschichten zu. Ole Kassow erhielt dabei einen ganz neuen Blick auf seine Heimatstadt Kopenhagen. Die Rikscha passte in die Aufzüge der Pflegeheime und somit wurde es möglich, die Passagiere direkt aus ihren Zimmern abzuholen.
Falls Dich die Geschichte von Olie Kassow interessiert, findest Du HIER seinen Vortrag zum Radeln ohne Alter (allerdings in Englisch).
Ich selbst vergaß den jungen Dänen und seine Ausfahrten wieder und stolperte erst im Frühjahr 2021 erneut über dieses Projekt. Und ich staunte nicht wenig darüber, was sich daraus in den Jahren entwickelt hatte.
Die Initiative „Cycling Without Age“ (in Deutschland „Radeln Ohne Alter“) gibt es inzwischen seit 9 Jahren. In über 40 Ländern der Welt, von Australien bis Mexiko, laden Ehrenamtliche mobilitätseingeschränkte Menschen jeden Alters zu gemeinsamen Touren ein. Sie ermöglichen ihnen damit, die Sonne auf der Haut und den Wind in den Haaren zu spüren, im Frühsommer durch einen grünen Wald zu fahren und den Vögeln zuzuhören oder im Herbst entlang von gelben Senffeldern und die Natur zu riechen.
Weltweit hat sich ein Netz gespannt. Es werden sogar länderübergreifende Aktionen, sogenannte Longtours, organisiert. Über eine solche Tour wurde sogar eine Dokumentation gedreht, die international Preise gewann.
Den Trailer und die Dokumentation findet Ihr auf der Plattform Vimeo, wenn Ihr „The Grey Escape“ eingebt.
2021 gibt es rund 30.000 ehrenamtliche Rikscha-Fahrer, sogenannte Piloten, an ca. 1.650 Standorten mit fast 2.500 Rikschas für über 114.000 Fahrgäste, sogenannte Passagiere.
Mit meinem Hund Hannibal, einer französischen Bulldogge, habe ich 2019 eine Besuchshundeausbildung bei den Maltesern gemacht und, bis zum Beginn der Corona-Pandemie, Senioren in einem Pflegeheim besucht. Meine Erfahrungen dabei waren durchweg positiv. Ich habe mich immer sehr gern mit den Menschen unterhalten und Hannibal fehlen die Begegnungen mit den älteren Leuten. Die Idee von Ole Kassow und deren Entwicklung begeisterte mich erneut und so beschloss ich, im Mai 2021 den ersten Standort von „Radeln ohne Alter“ in der Südwestpfalz zu gründen.
In der Kürze der Zeit hat sich seitdem bereits einiges getan:
- Das Team von „Radeln Ohne Alter Deutschland“ nahm mich mit in die Hood auf und beriet und unterstützte mich in Bezug auf die Standortgründung.
- Mitglieder der Bürgerinitiative „ZW-vernetzt“ luden mich ein, mich ihnen mit meinem Projekt anzuschließen.
- Der Standort „Radeln Ohne Alter Herxheim“, Herr Dr. Uwe Müller und Herr Manfred Satter, ermöglichten es mir und einer weiteren Zweibrückerin ihre beiden Rikschas
kennenzulernen, selbst einmal Fahrgast bzw. Pilotin zu sein und viele Fragen zu stellen. - Ein Saarbrücker Fahrradhändler, der die Rikschas aus Dänemark verkauft, schickte mir einen Kostenvoranschlag und ein Zweibrücker Fahrradhändler sagte zu, das Projekt mit technischem/ handwerklichem Know-how zu unterstützen.
- Anfang Juli 2021 bekundete Herr Schwöbel vom Verein „Zukunftsregion Westpfalz e.V.“ die Bereitschaft, den Start von „Radeln Ohne Alter Zweibrücken“ finanziell mit zu unterstützen.
- Nach der Gründung des Vereins „ZW-vernetzt“ wurde inzwischen ein Bankkonto eröffnet, das es in Kürze möglich machen wird, Spenden und Fördergelder entgegenzunehmen und Spendenquittungen auszustellen. (Der Feststellungsbescheid für die Gemeinnützigkeit des Vereins „ZW-vernetzt e. V.“ ist beantragt.)
- Seit August 2021 finden erste Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern statt.
- Für den Zweibrücker Standort von „Radeln ohne Alter“ gibt es viele Ideen. Sie stehen und fallen mit den Menschen, die sich hoffentlich finden, um mit ihrem ehrenamtlichen Engagement der Initiative von Ole Kassow auch hier in Zweibrücken Leben einzuhauchen.
Für ein ehrenamtliches Engagement möchte ich Menschen unterschiedlichen Alters (z.B. Studierende, Schüler der Berufsbildenden Schulen, aber auch sportliche Rentner) begeistern.
Ein weiteres Anliegen von mir ist, die Rikscha unentgeltlich an Familien mit mobilitätseingeschränkten Angehörigen zu entleihen.
Sobald die erste Rikscha in Zweibrücken ist, heißt es für uns alle erst einmal üben, denn für alle zukünftigen Rikscha-Pilot*innen gilt, dass sie zunächst ohne Passagiere das Rikschafahren erlernen müssen. Das anfängliche Training steht dabei unter dem Motto „Langsam beschleunigen, sachte um die Ecke“. Wer schon Erfahrung mit Lastenrädern hat, braucht in der Regel nicht viel Übung, aber wir geben allen Freiwilligen die Möglichkeit, so lange zu trainieren, bis sie sich sicher fühlen.
Umfangreiche Informationen zur Initiative „Radeln ohne Alter“ gibt es auf der Homepage von Radeln ohne Alter Radeln ohne Alter Deutschland - Radeln ohne Alter
Häufige Fragen zur Initiative werden auf der folgenden Seite beantwortet:
FAQ Häufige Fragen zu Radeln ohne Alter und die Rikschas
Außerdem findet Ihr uns auf Instagram unter: radelnohnealterzweibruecken
Ich freue mich über jede und jeden, die bzw. der sich fürs Radeln ohne Alter interessiert, ganz gleich ob als mögliche Pilot*innen, als Senior*innen, die mit der Rikscha mitfahren wollen oder als Sponsor*in oder Unterstützer*in. Ihr erreicht mich per E-Mail unter birgit.sosson@web.de oder telefonisch unter 06332 - 478811.