Zero Waste
Ein Weg aus dem Einweg-Dilemma

Von: Tanja Neumann

8. Februar 2021

Mehrweg-Behälter von VYTAL (Foto: VYTAL)

Vor einer Weile war unsere fünfköpfige Familie unterwegs und beschloss spontan, sich heute einmal mit dem Essen eines Restaurants zu verwöhnen. Welches, spielt keine Rolle, denn das im Folgenden beschriebene Problem ist weit verbreitet. Wir nahmen das Essen mit nach Hause, nutzten also Take‑away, denn wir befinden uns im Lockdown. Im Restaurant zu essen ist leider gerade nicht möglich.

Das Dilemma: Das Essen war lecker und jedes Familienmitglied satt, aber es gab einen Wermutstropfen in Form von fünf großen Styropor-Boxen und drei Plastiktüten. Die Plastiktüten hätten wir vermeiden können, hätten wir besser geplant und Stoffbeutel dabeigehabt, aber um das viele Styropor wären wir nicht herumgekommen. Muss ich mich als möglichst umweltbewusst und sozialverantwortlich handelnder Mensch zwingend zwischen zwei Dingen entscheiden? Zwischen der Vermeidung unnötigen Abfalls auf der einen Seite und der Unterstützung der lokalen Gastronomie in einer für sie äußerst herausfordernden Zeit auf der anderen Seite? Gibt es keine Lösungen für dieses Dilemma? Doch, die gibt es, und zwar:

Möglichkeit 1: Der Gastronomiebetrieb verwendet „biologisch abbaubare“ Materialien. Zu diesen zählen z. B. Papier, Polymilchsäure und Bagasse. Wegen des am 3. Juli 2021 in Kraft tretenden Verkaufsverbots für Plastik-Einwegbehälter werden alle Betriebe ab diesem Zeitpunkt zu einem Wechsel auf diese Materialien im Einweg-Bereich gezwungen sein. Das klingt vom Umweltschutzgedanken her erst einmal gut, wenn man die Bilder von Plastik im Meer und in den Bäuchen von Meerestieren im Kopf hat. Aber auch die alternativen Materialien verbrauchen viele Ressourcen in der Herstellung, landen auf dem Müll und müssen verbrannt werden, weil sie zu lange Rottezeiten für industrielle Kompostieranlagen in Deutschland haben. Auch Take-away-Verpackungen aus Papier und Pappe können wegen Kunststoffbeschichtungen oder Verschmutzung durch Essensreste nicht recycelt werden und steigern durch ihre Produktion den ohnehin schon zu hohen Druck auf die Wälder weltweit. Daher sprechen sich das Umweltbundesamt und andere Experten für Mehrweglösungen aus (worauf ich in Möglichkeit 3 ausführlich eingehen werde).

Möglichkeit 2: Kundinnen und Kunden bringen eigene Behälter von Zuhause zum Befüllen mit. Das ist prinzipiell eine gute Idee, da kein Abfall produziert wird, besitzt aber ein paar Haken: Wenn man sich wie meine Familie ungeplant für Take-away entscheidet, weil man länger unterwegs ist und deswegen keine Zeit mehr zum Kochen hat, oder weil man einfach irgendwo etwas Leckeres riecht und Lust darauf bekommt, hat man im Normalfall keine Behälter dabei. Außerdem sind die von den Kundinnen und Kunden mitgebrachten Gefäße alle unterschiedlich groß und verschieden geformt. Der Gastronomiebetrieb steht also je nach Gericht vor der Herausforderung, die eingefüllte Menge abzuschätzen und dabei weder sich noch die Kundeninnen und Kunden zu übervorteilen. Entgegen der gängigen Meinung gibt es auch während der Pandemie zwar kein Verbot, Kundengefäße aufzufüllen, jedoch scheuen sich viele Gastronominnen und Gastronomen, mitgebrachte Behälter zum Befüllen in ihren sauberen Bereich zu stellen.

Möglichkeit 3: Die Gastronomiebetriebe verwenden Mehrweg-Behälter. Dies stellt eine sowohl umwelt- und klimafreundliche als auch praktische Lösung dar, die darüber hinaus ganz im Sinn der ab dem Jahr 2023 gültigen Novelle des Verpackungsgesetztes ist, die das Bundeskabinett kürzlich auf Vorschlag der Bundesumweltministerin beschlossen hat. Nach dieser sind Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen für unterwegs oder To-go-Getränke verkaufen, verpflichtet, ihre Produkte auch in Mehrweg-Verpackungen anzubieten. Darauf gilt es sich rechtzeitig vorzubereiten. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hat auf diese Nachricht sofort ablehnend reagiert, weil er steigende Kosten und unverhältnismäßig hohen Aufwand für seine Betriebe fürchtet. Beschäftigt man sich jedoch näher mit den Funktionen und Bedingungen von Mehrweg-Systemen, lassen sich diese Befürchtungen entkräften, wie hier gleich noch erklärt werden wird.

Nach ausführlicher Recherche war ich davon überzeugt, mit der dritten Lösungsmöglichkeit einen Weg aus meinem Dilemma gefunden zu haben. Bei meinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern von ZW‑vernetzt rannte ich damit offene Türen ein. Sie waren genauso besorgt über das Take-away Dilemma wie ich und kannten viele andere Menschen, denen es ähnlich geht. Die Idee, ein einheitliches Mehrweg-System für die Zweibrücker Gastronomie aufzubauen, wurde geboren und ein Konzept entworfen, das wir Petra Stricker vom Citymanagement vorlegten. Auch sie war gleich begeistert, bot uns liebenswerterweise ihre Unterstützung an und verbreitete unser Konzept unter den Gastronominnen und Gastronomen.

Kurz darauf legte unser kleines, hoch motiviertes Team, bestehend aus Karin Grgic, Kerstin Pick, Ina Stenger und mir damit los, die ansässigen Betriebe über die verschiedenen Möglichkeiten und Anbieter von Mehrweg-Systemen zu informieren. Wir lernten entweder am Telefon oder vor Ort viele nette und interessante Menschen kennen und erfuhren von ihrer aktuellen Situation, ihren Bedürfnissen, Nöten und Hoffnungen. Wir zeigten Musterbehälter und holten Feedback ein. Wen wir nicht persönlich erreichten, dem schrieben wir eine E‑Mail. Es war unser Ziel, eine finanzierbare und praktische Lösung zu finden, die von möglichst vielen Gastronominnen und Gastronomen angenommen wird.

Und ja, es ist uns gelungen! Mit deutlicher Mehrheit haben sich diejenigen Gastronomiebetriebe, die an einer Mehrweg-Lösung interessiert sind, für den Anbieter VYTAL entschieden. Mit dessen System möchten einige mutige Pioniere gemeinsam mit uns in Zweibrücken und Umgebung starten.

Wie genau funktioniert das Mehrweg-System?

  • Die Essensbehälter von VYTAL, die der Gastronomiebetrieb an seine Kundinnen und Kunden verleiht, bestehen aus hochwertigem Polypropylen, ihr Deckel besteht aus Thermoplastischen Elastomeren. Die Bowls, Menüschalen, Sushi-Behälter und Pizzaschachteln können mindestens 200-mal wiederverwendet werden und VYTAL führt sie am Ende ihrer Lebenszeit dem Downcycling zu. Nach zehn Benutzungen sind sie ökologischer als Einweg-Gefäße. Sie sind gefrierschrank- sowie ohne Deckel auch mikrowellengeeignet. Zusätzlich gibt es von VYTAL einen Kaffeebecher aus Edelstahl, der theoretisch fast unendlich oft wiederverwendet werden kann.
  • Auf den Behältern befindet sich ein QR-Code. Personen, die sich ein Essen oder ein Getränk in einem Mehrweg-Gefäß mitnehmen möchten, installieren sich kostenlos eine kleine, schnell geladene App auf ihrem Smartphone, die ebenfalls einen der Person eigenen QR-Code generiert. Für Menschen, die kein Smartphone besitzen oder keine App installieren möchten, besteht die Möglichkeit, eine Karte zu erwerben, auf der sich ein QR-Code befindet. Die Gastronomin oder der Gastronom scannt mit seiner eigenen App auf seinem Smartphone sowohl die Codes der Gefäße als auch den Code der ausleihenden Person ein und ordnet so die beiden einander zu. Der Ausleihvorgang ist für die Kundinnen und Kunden kostenfrei, solange sie die geliehenen Behälter innerhalb von 14 Tagen entweder bei demselben oder bei einem beliebigen anderen am System teilnehmenden Betrieb zurückgeben. Auch beim Rückgabevorgang werden wieder die QR-Codes gescannt.
  • Der Gastronomiebetrieb spült die zurückgebrachten Gefäße und gibt das nächste Essen oder Getränk in einem auf diese Weise wieder hygienisch sauberen Behälter aus. Er muss die von ihm verliehenen Gefäße nicht kaufen. Er bekommt sie von VYTAL gestellt und zahlt pro Ausleihvorgang eine Nutzungsgebühr. Da der Kontakt mit VYTAL über ZW-vernetzt, also eine Klima- und Naturschutzinitiative hergestellt wurde, gewährt die Firma VYTAL einen hohen Rabatt für alle über uns teilnehmenden Betriebe, so dass die Nutzungsgebühr unter dem Einkaufspreis für ein Einweggefäß aus alternativen Materialien liegt. Die Gastronominnen und Gastronomen können mit dem Mehrweg-System in Zukunft also auch Geld sparen.
  • Die Betriebe müssen den von ihnen verliehenen Gefäßen nicht „hinterherlaufen“. Die entleihenden Personen werden automatisch über die App angemahnt, die Betriebe haben damit keine Arbeit. Bei der Installation der Kunden-App muss ein Zahlungsmittel (Kreditkarte, PayPal oder Google Pay) angegeben werden, damit VYTAL bei nicht erfolgter Rückgabe eines Gefäßes dessen Kosten einziehen kann. Auch wenn die Behälter sich durch ungleich verteilte Rückgabe bei einem Restaurant anhäufen und dafür bei anderen fehlen, ist dies nicht mit erhöhtem Aufwand für die Betriebe verbunden. VYTAL bietet, ermöglicht durch die zum Scannen verwendete App, eine automatische Bestandskontrolle und bedarfsorientierte Nachlieferung der Behälter. Ein zusätzlicher Service besteht im Umverteilen der Gefäße durch eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter von VYTAL. Der Aufwand für die Gastronomiebetriebe hält sich also demnach in Grenzen.
  • Die App bietet zusätzliche Funktionen: Kundinnen und Kunden können mit ihr teilnehmende Gastronomiebetriebe finden, deren Speisekarte einsehen, ihr Essen zur Wunschabholzeit bestellen und bezahlen. Die durch sie bereits gesparte Müll- und CO2-Menge wird angezeigt.
  • Das VYTAL-System eignet sich für alle Gastronomiebetriebe, die Take-away-Essen anbieten, sei es nur für die Zeit des Lockdowns oder aber dauerhaft. Restaurants und Gaststätten, Lieferdienste (auch bei Online-Bestellung), Imbisse, Kantinen, Mensen, Cafeterien, Caterer, Bäckereien und Cafés, Metzgereien, Supermärkte und Tankstellen können teilnehmen, ganz gleich ob sie nur einen Kaffeebecher oder einen Sushi-Behälter oder gleich das ganze Sortiment benötigen. Auch für die sogenannten „Doggybags“, also eingepackte Reste von im Restaurant konsumiertem Essen, lassen sich die Mehrweg-Behälter verwenden. Abgabestationen und eine zentrale Spüllösung sind denkbar.

VYTAL gewann letztes Jahr den Wissenschaftspreis für das beste Startup und einen Investoren bei „Die Höhle der Löwen“. Es ist, wie die anderen Anbieter von Mehrweg-Systemen auch, ein noch recht junges Unternehmen, das sich permanent weiterentwickelt und seinen Service stetig verbessert. So befinden sich z. B. bereits zusätzliche Größen von Behältern in der Entwicklung. VYTAL kann jedoch heute schon auf Erfahrungen mit circa 600 teilnehmenden Gastropartnern, die meisten davon in Großstädten, zurückgreifen.

Wir von ZW-vernetzt beabsichtigen, Zweibrücken eine Vorreiterrolle für kleinere Städte und für unsere Region zu verschaffen. Ein bei uns funktionierendes Mehrweg-System wird ein Vorbild für andere kleinere Gemeinden sein und eine Strahlkraft auf die Orte im Umkreis haben. Gemeinsam können wir eine beträchtliche Menge an Müll sparen. Im Jahr 2017 fielen in Deutschland knapp 350.000 Tonnen Abfall durch Einweg-Geschirr und To-go-Verpackungen an. Stündlich werden allein in unserem Land bis zu 140.000 To-go-Becher verbraucht. Dieser Müllberg wird mit Mehrweg-Behältern und -Geschirr vermieden. Nicht nur das, über die Lebensdauer eines VYTAL-Behälters werden im Vergleich zu Einwegverpackungen bis zu 30 kg CO2 eingespart.

Wer bisher noch nicht von uns kontaktiert wurde und als Betrieb Interesse daran hat, sich dem Zweibrücker VYTAL-Mehrweg-System anzuschließen und von unseren besonderen Konditionen zu profitieren, meldet sich bitte bei ZW-vernetzt unter info@zw-vernetzt.de oder direkt bei unserem Mehrweg-Team unter tanja.neumann@zw-vernetzt.de oder 0176-25512118. Wir beantworten gerne alle offenen Fragen, stellen den Kontakt zu VYTAL her und helfen bei der Organisation.

Last but not least: Wir suchen Sponsoren! Wir möchten unsere Zweibrücker Gastronominnen und Gastronomen in dieser Zeit, die sie finanziell bis an ihre Grenzen führt, bestmöglich entlasten. Dazu suchen wir Menschen, Unternehmen oder Organisationen mit großem Herzen und Gemeinsinn, die die Einrichtungsgebühr für das System, die sich im mittleren zweistelligen Bereich pro teilnehmendem Betrieb bewegt, übernehmen. Wer auf diese Weise unserer Gastronomie etwas Gutes tun möchte, kontaktiert uns bitte ebenfalls auf den im vorherigen Abschnitt genannten Wegen.

ZW-vernetzt wird Euch selbstverständlich an dieser Stelle über die Fortschritte auf dem Laufenden halten. Fortsetzung folgt!

 

(Quellen: VYTAL; Bundesregierung; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit; NABU; Verbraucherzentrale)

 

Hinweis: Unser Mehrweg-Team hatte zunächst eine neutrale Gegenüberstellung von allen verfügbaren Mehrweg-Systemen, die nach ausführlicher Recherche zu finden waren, verfasst und stellte diese dann den Gastronomiebetrieben zur Verfügung. Ergänzend hatten wir von fünf der sechs so verglichenen Anbieter Musterbehälter erhalten, die wir den Gastronominnen und Gastronomen, die uns persönlich empfingen, zeigten. Um ein Meinungsbild der Betriebe erfassen zu können, gaben wir zusätzlich einen Rückmeldebogen aus, in dem sie ihre Präferenzen eintragen konnten. VYTAL kristallisierte sich als die von der Mehrheit der interessierten Gastronomiebetriebe favorisierte Lösung heraus.

ZW-vernetzt verdient nichts an der Beratung der Betriebe, der Entscheidung für VYTAL und der Hilfe bei der Einführung des Systems. Unser Engagement ist rein ehrenamtlicher Natur und hat das Wohl von Umwelt und Klima und der lokalen Gastronomie im Fokus.

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