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Kinderarbeit: Wenn Kinder keine Chance auf Schule haben

Von: Karin Grgic

4. März 2021

Künstler: Uwe Krumbiegel - Standort: Fashion City Style Silke Kuppens (Foto: Cordula von Waldow)

Unfassbare 152 Millionen Mädchen und Jungen müssen arbeiten, um zum Überleben ihrer Familie beizutragen. Das teilte Unicef, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, im Jahre 2019 anlässlich des "Welttags gegen Kinderarbeit" mit. Fast die Hälfte der arbeitenden Kinder (73 Millionen) leide unter den Bedingungen, die gefährlich und ausbeuterisch seien. 

Auch Erwachsene, die in Billiglohnländern leben und arbeiten, sind Opfer unseres Konsumverhaltens. Für gerade mal 20 € pro Monat schuften die Menschen in maroden Fabriken, in Steinbrüchen und Minen oder auf Feldern 16 Stunden und mehr pro Tag, das Wochenende eingeschlossen. Die Arbeitsbedingungen sind miserabel, oft arbeiten die Menschen ohne jeglichen Schutz mit hochgiftigen Chemikalien. Wer krank wird und zu Hause bleibt (eine Krankenversicherung gibt es selten), fliegt raus und wird ersetzt.

Ursachen und gleichzeitig Folgen von Kinderarbeit und Ausbeutung sind extreme Armut, fehlende Bildungschancen und Diskriminierung, oft auch Gewalt und sexuelle Übergriffe.

Um ein Durchbrechen dieser Spirale zu erreichen, fordern Hilfsorganisationen eine weltweite Schulpflicht und ein gesetzliches Mindestalter für die Zulassung zur Arbeit. Kostenfreie Bildung und soziale Sicherheitsstandards für Kinder und ihre Familien müssten umgesetzt werden. Internationale Unternehmen müssten sich verpflichten, Kinderrechte zu schützen – unter anderem, indem sie dafür sorgen, dass in der gesamten Lieferkette keine Kinderarbeit vorkommt. Staatliche Aufsichtsbehörden müssten gestärkt und Arbeitgeber, die Kinder ausbeuten, bestraft werden.

Das ist alles ganz schlimm, aber wir können da ja nichts tun. Oder?

Doch! Wir, die Konsument*innen, haben es in der Hand. Mit unserem Kaufverhalten bestimmen wir, wie produziert wird. Das ist so bei umweltschädlichen Produkten (z. B. Einwegartikeln, Artikeln mit konventionellem Palmöl usw.), aber auch bei Produkten, die unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurden.

Beispiel Kaffee, Kakao und Palmöl: Schon von klein auf müssen Kinder auf Plantagen z. B. in Kenia arbeiten (dort sind 60 % der Arbeitenden Kinder). Die Kaffeeproduktion in Tansania gilt als eine der schlimmsten Formen von Kinderarbeit. Kinder arbeiten in jedem Bereich der Kaffeeherstellung mit: Kaffee sammeln, sortieren, putzen, Sträucher einsprühen, düngen und Bohnen transportieren. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Bereich Kakaoanbau und der Produktion von konventionellem Palmöl. Ausweg: Produkte mit konventionellem Palmöl soweit wie möglich meide. Achtung: Palmöl steckt in sehr vielen Produkten. Lest auf Utopia nach, welche Konzerne besonders skrupellos vorgehen und meidet deren Produkte. Beim Kauf von Kaffee, Schokolade, Schoko-Brotaufstrichen, Osterhasen usw. auf das Fairtrade-Siegel achten, das gewährleistet, dass das Produkt garantiert frei von ausbeuterischer Kinderarbeit ist. Qualität vor Quantität. Faire Schokolade ist kaum teurer als nicht zertifizierte und lässt sich besser genießen.

Beispiel Textilien: Die „Fast-Fashion-Industrie“ ist sowohl aus ökologischer als auch aus menschenrechtlicher Sicht ein Desaster. Unter enormem Ressourcenverbrauch und Missachtung sämtlicher Menschenrechte wird für unseren Konsum Billigware produziert, die nach kurzer Benutzungszeit wieder auf dem Müll landet. Für ein paar Euro kann sich heutzutage die ganze Familie einkleiden. Aber der reelle Preis – der Preis für CO2, Umweltgifte, Menschenrechte und Wasser – ist dabei nicht so einfach ersichtlich. Ausweg: Die Fair Wear Foundation ist eine unabhängige Stiftung, deren Mitglieder soziale Mindeststandards (z. B. keine Kinderarbeit) in allen Produktionsschritten garantieren. Auch der „Grüne Knopf“, den die Bundesregierung im Jahre 2019 eingesetzt hat, garantiert die Einhaltung etlicher Sozial- und Umweltkriterien (– allerdings nicht in allen Produktionsschritten). Auch hier: Achtet beim Kauf auf das Siegel der Fair Wear Foundation, es gibt inzwischen zahlreiche Anbieter. Kauft, wenn möglich, langlebige Qualität statt billiger Einwegware.

Beispiel Smartphones, Tablets, Notebooks und Co: Beispielsweise in kongolesischen Minen arbeiten schon Kinder ab sieben Jahren unter lebensgefährlichen Bedingungen, um Kobalt für Elektrogeräte abzubauen. Bedeutende globale Elektronikhersteller wie Apple, Samsung oder Sony geben an, sie hätten leider keine Handhabe zu überprüfen, ob in ihren Produkten Kobalt aus Kinderarbeit genutzt wird oder nicht. Ausweg: Es gibt momentan nur zwei Anbieter von „faireren“ Smartphones (Shiftphone und Fairphone) und auch ihnen gelingt es keineswegs, all diese Missstände auf einen Schlag zu beheben. Der Grund: Die Produktionsprozesse sind sehr komplex – und die politischen Umstände zum Beispiel in afrikanischen Ländern, in denen die Rohstoffe abgebaut werden, lassen sich keineswegs so leicht ändern, wie wir uns das wünschen würden. Doch die oben genannten Unternehmen versuchen wenigstens, Einfluss zu nehmen und Alternativen zu finden, und dokumentieren ihre Bemühungen im Idealfall auch – während namhafte Anbieter auch von teuren Smartphones das Thema eher meiden. Außerdem bieten diese Produzenten Reparatur- und Recyclingoptionen an, während andere Anbieter die Handys so gestalten, dass ein regelmäßiger Neukauf nötig ist. Das fairste Handy ist eines, das so lange wie möglich genutzt wird, egal ob es noch „in“ ist oder nicht, und das nach dem Gebrauch der Wiederverwertung zugeführt wird (u.a. der NABU sammelt alte Handys und Notebooks).

Es gibt noch etliche Beispiele dafür, wie unser Konsumverhalten steuert, ob Kinderarbeit sich für die Produzenten lohnt oder nicht: Plastikspielzeug, Feuerwerkskörper und Weihnachtsschmuck aus Fernost oder Teppiche und Lederwaren zum Schleuderpreis sind selten fair und nachhaltig. In den Eine-Welt-Läden kann man Produkte finden, die direkt die Kleinbetriebe in den armen Ländern unterstützen, und auch im Internet sind inzwischen viele Alternativen zu den Großkonzernen vertreten. Think big - act local. Vertraut auf die Siegel (– unterscheidet zwischen echten Siegeln und Pseudosiegeln z. B. von Discountern) und auf die Aussagen der Hilfsorganisationen. Das tut gut – sowohl uns hier in Deutschland als auch den Menschen in den fernen Ländern, die sich über Wertschätzung und Würde freuen können.

 

Quellen: 
UNICEF
terre des hommes
Aktiv gegen Kinderarbeit
Amnesty International
Utopia
Brot für die Welt

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